Meine Depression gehört nicht zu mir.

 

Eine Frau kommt zu mir ins Aufstellungsseminar, um sich ihre Depression anzuschauen, unter der sie seit Jahren mit Unterbrechungen leidet.

Außerdem wünscht sie sich mehr Selbstbewusstsein, unter anderem, damit sie unabhängig von anderen Menschen Entscheidungen treffen kann. Sie habe etwas Angst vor der Aufstellung, da sie auch Negatives über die Methode gehört hat.

Ich erfahre, dass ihre Mutter auch an Depressionen erkrankt war und vor einigen Jahren in einer Klinik gestorben ist. Ihre ältere Schwester leidet ebenfalls an Depressionen und wird zurzeit klinisch behandelt. Zur Familie gehören noch der Vater und ihr Bruder, das mittlere Kind von den Dreien. Sie stellt ihre Kernfamilie und die Depression auf. Der Vater und der Bruder sind abgewendet vom Geschehen und schauen weg. Die Mutter, die Klientin und ihre Schwester stehen eng zusammen, und die Depression bildet den Mittelpunkt. Überraschenderweise ist die Depression das einzige Element, das strahlt und dem es richtig gutzugehen scheint. Die Klientin spürt einen Vorwurf von der Stellvertreterin ihrer Mutter und möchte den Abstand vergrößern, da es ihr in der Position sehr schlecht geht. Als Nächstes mache ich ihr den Vorschlag, sich der Depression zuzuwenden.

Gemeinsam mit der Depression geht sie dann zu ihrer Mutter. Ein berührender Dialog entsteht, und am Ende stellt sie die Depression an die Seite ihrer Mutter, die sofort äußert, dass das ihr richtiger Platz ist. Die Klientin scheint aus Liebe und dem Wunsch nach Verbindung zu ihrer Mutter diese Krankheit übernommen zu haben, etwas, das in Aufstellungen immer wiederzusehen ist.

Die Klientin geht dann zu ihrer Schwester, zu ihrem Bruder und mit beiden zusammen zum Vater, der die gesamte Zeit völlig unbeteiligt war. Es ist spürbar, dass die Klientin große Angst vor ihm Vater hat. Die beiden sprechen sich aus, und sie dreht sich, mit dem Gefühl, die Vergangenheit nun ruhen lassen zu können, gemeinsam mit ihren Geschwistern um, und mit einem strahlenden Gesicht schlägt eine neue Richtung ein.

In der Abschlussrunde meldet sie zurück, dass es ihr erstaunlich gut gehe, und sie nicht gedacht hätte, dass sie sich nach der Aufstellung so erleichtert fühlen könnte.

Wenn wir aus Liebe eine körperliche oder psychische Symptomatik eines Familienmitglieds übernehmen, bleibt das oft unbewusst und kann mit einer Aufstellung ans Licht gebracht werden.

In der beschriebenen Aufstellung wird deutlich, wie viel wertvolle Lebensenergie an die Depression und an den Wunsch mit der Mutter verbunden sein zu wollen gebunden war. Jetzt kann die Klientin die Depression aus einem anderen Blickwinkel betrachten und spürt die Liebe zur Mutter und zu den übrigen Familienmitgliedern auf eine andere Weise.

Zu ihren Geschwistern möchte sie wieder mehr Kontakt haben, worauf sie sich schon sehr freut.

Für diese Klienten geht es nicht darum eins zu eins in der Realität umzusetzen, was in der Aufstellung vorgefallen ist. Es geht darum, dass sie die innerpsychische Erfahrung gemacht hat, wie es sich anfühlt, wenn ihr Problem gelöst ist, und sie in Frieden und in Verbindung ist. Das verändert ihre Haltung und dadurch wird Veränderung und Heilung im realen Leben möglich.

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Eine Frage der Haltung.

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Das Privileg unseres Lebens ist es, zu werden, wer wir sind.